Gräberfeld Riensförde

 

Gräberfeld in Riensförde untersucht

Stade, 18.06.2012

Nachdem die Ausgrabungen an der sogenannten Schwedenschanze uns einen spektakulären Einblick in die spätsächsische Zeit vom 7.-9.Jhd. geliefert haben, stellte sich für die Archäologie die Frage, wo die Menschen die diese Befestigung unterhielten, lebten und begraben worden sind.

Siedlungsplätze und Gräberfelder mit ihren Beigaben können uns mehr erzählen über das Leben zu dieser Zeit, die für unsere Region bislang weitgehend im ‚Dunkeln der Geschichte’ liegt.

 Im Zusammenhang mit der Ausweisung eines neuen Baugebietes ergab sich für die Stadtarchäologie die Möglichkeit, ein Gelände in Riensförde zu untersuchen das ungefähr 2 km östlich der Wallanlage liegt. Bereits im letzten Jahr wurden bei der Anlage von Suchschnitten vielversprechende Befunde zu Tage gefördert, die eine weitere Grabung nahelegten.

Unter der Leitung von Frau Finck wurde nun ein ca. 50×50 m großes Areal untersucht. Etwa 70 Gräber konnten ausgemacht werden. Von den Gräbern war ein Teil Nord-Süd ausgerichtet, was i.d.R. eine nichtchristliche Bestattung anzeigt. Der andere Teil war West-Ost-orientiert, was eine Indikation für ein Begräbnis in christlicher Zeit ist.

 Bereits diese Erkenntnis lässt vermuten, dass wir es hier um eine Belegung aus der Zeit vor und nach der Zwangschristianisierung um 800 zu tun haben. Nach einer bereits im vergangenen Jahr  durchgeführten C14-Untersuchung stammt ein Nord-Süd-Grab aus der Zeit vor der Christianisierung, ein Ost-West Grab aus der Zeit nach der Christianisierung.

 Bestätigt wird diese zeitliche Einordnung durch die Befunde der Grabung. Die Nord-Süd -orientierten Gräber enthielten Beigaben, wie es für eine vorchristliche Bestattung üblich ist. Um die Funde nicht zu beschädigen und um ihre Lage im Grab genauer dokumentieren zu können, wurde eine Blockbergung durchgeführt, d.h. die Befunde werden zusammen mit den sie umgebenden Erdreich unter Verwendung von stabilisierenden Werkstoffen wie z.B. einer Ummantelung aus Gips in einem großen Stück geborgen und dann in ein Labor abtransportiert. Anhand einer ersten Röntgenuntersuchung der Blöcke konnten 2 Messer und Trachtbestandteile identifiziert werden.

 Die Ost-West-orientierten Gräber waren wie erwartet ohne Grabbeigaben. Eine Bestattung ist als sogenanntes Kopfnischengrab konstruiert. D.h. die Form des Grabes ist der anatomischen Form des Körpers angelehnt, wobei an einer Schmalseite eine kleinere Nische für den Kopf des Toten ausgehoben ist. Kopfnischengräber sind allerdings bislang nur aus dem Hochmittelalter (11. und 12. Jahrhundert) bekannt und werden hier mit sozial höher gestellten Personen in Verbindung gebracht, weil sie häufig in exponierter Lage z.B. innerhalb eines Domes zu finden sind und z.T. mit einer Steinfassung umgeben sind. Ein solches Grab wurde u.a. auch in der Grablege der Stader Grafen vor der heutigen Kirche in Harsefeld freigelegt.

 Neben Körpergräbern wurden auch Brandgräber und die  Reste eines Scheiterhaufens gefunden. Diese Befunde weisen wahrscheinlich in die älteste Belegungsphase des Gräberfelds im 6. und 7. Jahrhundert.

Das Gräberfeld von Riensförde schließt somit auch für den Stader Raum die Siedlungslücke zwischen der späteren Völkerwanderungszeit und dem frühen Mittelalter. Die beigabenreichen Gräber sind vielleicht ein erster Nachweis für ein lokales Herrschergeschlecht aus der Zeit vor der fränkischen Annexion, das auch die Herrschaft über die Schwedenschanze ausübte.

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