Wagenspuren im Stader Altstadtpflaster

hier in einer Nahaufnahme

Bis vor 100 Jahren wurde der Verkehr – auch in Stade – vornehmlich mit Pferdefuhrwerken durchgeführt. Ob zwei-  oder nur vierspännige Fuhrwerke, Postkutschen oder Bierwagen, sie alle quälten sich durch die engen Straßen Stades.

Die großen Räder der Kutschen und Fuhrwerke waren aus Holz. Damit die Räder jedoch größeren Belastungen standhielten und nicht so schnell abnutzten wurde das Rad mit einem Eisenreifen versehen. Diese Arbeit erledigte der „Radmacher“ ein spezieller Beruf, der noch in den Namen „Rademaker“ nachklingt.

Damit der Eisenreifen fest auf den Felgen sitzt und nicht abrutscht, nutzte man die Eigenschaft von Stahl aus, sich bei Wärme auszudehnen und bei Kälte wieder zusammenzuziehen. Zunächst wurde vom Schmied ein Eisenreifen so geschmiedet, daß sein Innenmaß etwas kleiner war, als das Außenmaß der späteren Radfelge, auf die er aufgezogen werden sollte.

Mehrere Männer hielten dann an langen Haken, um eine Feuerstelle herum stehend, den Eisenreifen in verschiedene Richtungen auf Zug, so dass der Reifen nicht in die Glut fallen konnte. Das Feuer erwärmte allmählich den Reifen, der sich dadurch im Umfang ständig ausdehnte, bis er rotglühend war. Der heiße Eisenreifen wurde dann  auf das Rad aufgebracht und umgehend mit Schmiedehämmern festgeschlagen und mit Wasser abgeschreckt, bevor das Holz des Rades zu brennen begann. Durch diese „kalte Dusche“ wurd der Umfang des Eisenringes kleiner und das Eisen presste sich fest auf die Holzteile.

Diese Bereifung war eine handwerkliche Meisterleistung von Schmied und Rademacher, die viel Geschick und Erfahrung erforderte.

In den Jahrhunderten, in den diese schwer beladenen Pferdefuhrwerke die Stader Straßen befuhren, rieben die Eisenreifen auch die harten Granitsteine der Pflasterung ab. Dort wo gewöhnlich das Rad auf das Pflaster traf, grub sich eine Spur ins Pflaster ein.

Man kann Rudimente solcher Spuren noch in der Salzstraße und in der Bungenstraße sehen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Spuren auch nach den derzeit erfolgenden Straßenbauarbeiten in der Salzstraße erhalten bleiben.

Die Salzstraße: Trotz ihrer Enge führte früher viel Verkehr von und zu dem Salztor über diese Straße

Die Eisenreifen der Pferdefuhrwerke hinterließen ihre Spuren im Pflasterhier in einer Nahaufnahme

Rekonstruktion des Vorgangs mit einem Eisenreifen

 

Neben diesen Wagenspuren sind  Poller an den Hausecken und den Grundstückseinfahrten ein letztes Relikt aus der Zeit der Pferdefuhrwerke. Damit so ein schwerbeladenes Fuhrwerk nicht das Haus beschädigt, wurden  diese Poller gesetzt.

Poller in der Archivstraße

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